Selbstsabotage
Ich selbst kenne diesen Mechanismus sehr gut. Sehr oft habe ich mir vorgenommen, das Haus pünktlich zu verlassen. Doch es kommt fast immer etwas dazwischen. Nachdem ich in aller Seelenruhe meinen Kaffee geschlürft habe, fallen mir noch unzählige Dinge ein, die ich im Moment noch schnell erledigen könnte. Zum Schluss sprinte ich zur Haustür raus und habe die Hälfte vergessen. Also retour, obwohl ich jetzt schon zu spät dran bin. Schon das erste Mal abgehetzt, fahre ich zu meinem Termin. „Ich möchte einmal erleben, dass ich pünktlich die Wohnung verlasse! Das war ja wieder typisch, du schaffst es ja doch nie pünktlich aus dem Haus zu kommen.“ Selbst nach Planung und vorheriger Organisation fällt es schwer dies einzuhalten. Bäämmm… da haut mir mein Ego noch richtig schön eine auf die Zwölf. Mittlerweile weiss ich und bin mir bewusst, dass sich dahinter ein Muster verbirgt. Dieses Muster ist in meiner Kindheit entstanden und gehört auch zu meiner Persönlichkeit.Warum?
„Zeit effektiv nutzen, wir wollen doch keine Zeit verschwenden! Nichts tun ist ein Zeichen von Schwäche und Faulheit. Man muss immer etwas tun und leisten!“ Solche Sätze höre ich als Kind sehr oft. Wenn nicht gearbeitet oder etwas Produktives gemacht wurde, hieß es „Du bist faul, aus dir wird nie etwas!“Was ich dabei gelernt habe:
Ich habe gelernt, dass ich Liebe, Zuneigung, Akzeptanz und Aufmerksamkeit erhalte, wenn ich Leistung erbringe. Der Tausch Leistung gegen Liebe hat sich über viele Jahre in mir manifestiert. Jede Minute nutzen, Zeit ist wertvoll, die sollte man nicht mit sinnlosen und unnützen Dingen verschwenden und schon gar nicht genießen. Dafür ist später noch Zeit. Das war mir lange Zeit nicht bewusst. „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen“ trifft es auf den Punkt. Der Saboteur argumentiert: „Zeit ist wertvoll!“ und haut mir die oben genannten Sätze vor den Kopf. Er nimmt es als Argumentation, Rechtfertigung, um mir ein schlechtes Gewissen, sprich Schuld einzureden. Dieser innere Kritiker und Wächter meines alten Glaubenssystem, ist aber in Wirklichkeit nicht mein Selbst, sondern NUR eine Konditionierung, mein Ego.Wortspiel
Bei genauerem Hinsehen sagt es schon das Wort „Rechtfertigung“. → „Ich habe Recht und fertig!“, Hier dürfen wir beginnen uns selbst zu hinterfragen. Dieses konditionierte Denken und Verhalten ist in mir sozusagen eingepflanzt, verinnerlicht, automatisiert und wird bei entsprechenden Auslösern aktiviert. Das Erkennen dieses Denk – und Verhaltensmusters schafft mir die Möglichkeit gezielt zu intervenieren. Gerade am Anfang dieses Prozesses erkennen wir oft erst im Nachhinein, das wir so eben wieder nach alten Überzeugungen agiert und reagiert haben. Doch das ist nicht schlimm. Wichtig ist, sich dieses bewusst zu machen und aufzuhören sich selbst nieder zu machen. Lobe dich statt dessen für deine Achtsamkeit dir gegenüber und erkenne dies an.Erste Schritte:
Wir haben die Möglichkeit und bekommen genügend Chancen uns zwischen Selbstbestimmung und Fremdbestimmung zu entscheiden. Hier liegt die erste Hürde, denn es braucht Mut und Konsequenz etwas Neues zu wagen. Sich auf den Weg zu sich selbst zu begeben ist ein aufregendes Abenteuer und hält so einige Überraschungen bereit. Entscheiden wir uns für ein selbstbestimmtes Leben kommen wir nicht drum herum, uns auf die Probe zu stellen und mit absoluter Ehrlichkeit mit uns selbst zu sein. Das Erforschen, Erkennen und zugleich Akzeptieren des „Ich“ (Ego) – und des „Selbst“ birgt so manche tief sitzende Herausforderung. Denn dazu müssen wir zunächst an unserem Saboteur vorbei, ihn kennen und auch lieben lernen. Die Gewissheit, dass der Wächter nicht wir sind, sondern lediglich unser Ego, das durch Fremdeinwirkung erschaffen und entstanden ist und unser Denken und Verhalten prägt, macht es leichter sich dem anzunähern.Bewusst – machen
Unser „Selbst“ sowie die Persönlichkeit ist uns teilweise mit der Geburt gegeben, ein anderer Teil ist erschaffen durch unsere Lebensumstände. „Mache dir bewusst, dass du als Kind keine Wahl hattest, doch heute hast du eine Wahl. Deine Lieben und deine nahes Umfeld haben jederzeit ihr Bestes gegeben, nach ihren Möglichkeiten.“ Wollen wir uns auf die Schliche kommen, gilt es genau solche Situationen und Verhaltensmuster aufzudecken, nachzuvollziehen und sich bewusst zu machen.Der Wille zur Veränderung muss vorhanden sein.
Sind wir unglücklich, unzufrieden, fühlen uns erfolglos, drückt uns der, für uns zu klein gewordene Schuh aufs Gemüt sowie unsere Stimmung und hat Auswirkung auf unsere Gesundheit, wird es Zeit etwas zu verändern. In diesen Lebensumständen wollen wir nicht mehr weitermachen wie bisher und aufhören uns zu verstecken und wegzulaufen. Wir bemerken, dass das sehr anstrengend und ermüdend ist. Es laugt uns aus und wir (er)kennen uns ganz oft SELBST nicht wieder. „Vielleicht vermisst du dich SELBST in deinem Leben?! Warum bist du so entmutigt?“ Glück finden wir nur in uns und durch uns. Und um so weiter wir uns von uns selbst entfernen, desto größer, tiefer und dunkler wird das Loch auf welches wir zu steuern. Das führt dazu, das wir Dinge tun, die wir nicht wollen, für Menschen die wir nicht mögen, an Orten, an denen wir nicht sein wollen. Doch der Saboteur kann uns trotz allem eine Hilfe sein, nämlich dann, wenn wir uns mit ihm verbünden, ihm vorerst aufmerksam zuhören und dieses als Geschenk und Aufgabe annehmen. Wir brauchen ihn, um uns selbst besser kennen zu lernen.Was wir selbst dazu beitragen, dass es uns schlecht geht? Selbstsabotage in allen Lebensbereichen ist möglich!
Wir können uns quasi in allen Lebensbereichen selbst sabotieren. Die Möglichkeiten, es sich schlecht gehen zu lassen, indem wir das gewünschte Ziel vermasseln, sind zahlreich. Beispielsweise:Unser Körper ist ein reines Wunderwerk und kann einiges kompensieren. Leider gehen wir selbst zu unachtsam mit ihm um. Über unseren Körper spüren wir und erkennen wir unseren Geist.
- Wenn wir Selbstsabotage betreiben sorgen wir nicht gut für uns, stopfen Fast Food und ungesunde Lebensmittel in uns hinein, Frust-Essen ist nicht selten. Jeder kennt das Gefühl nach Süßem, wenn die Nerven blank liegen. Stress wird mit Essen kompensiert. Übergewicht ist die Folge
- Wir verletzen uns selbst körperlich, wir betreiben riskante Sportarten, riskieren Krankheit und Unfälle, welche durch erhöhte Achtsamkeit zu vermeiden gewesen wären.
Selbstsabotage im Berufsalltag, darin sind wir wahre Meister.
- Wir laufen mit der Herde, stehen nicht für uns ein, auf keinen Fall etwas Falsches sagen oder „negativ“ auffallen beim Chef und den Kollegen.
- Selbstsabotage zeigt sich im nicht „Nein“ sagen können. Das ist ein Problem und macht unseren Rucksack im Alltag schwerer als er sowieso schon ist. Ich erlebe immer wieder wie sich Menschen aufopfern und somit auch unter ihren Möglichkeiten bleiben. Ihre Fähigkeiten der Empathie werden zum Ballast, weil sie das Gefühl haben, sich „opfern“ zu müssen.
- Ebenso versickern Chancen und die eigenen Fähigkeiten, wenn sich die Menschen nichts zu trauen. Zum Beispiel ein angemessenes Gehalt zu fordern.
- Angst vor Erfolg ist hinderlich und oft durch alte Glaubenssätze und innere Überzeugungen verursacht.
- Die Angst vor Missachtung, Ablehnung, Kritik und vor dem verglichen werden, ruft ebenso den Saboteur auf unsere innere Bühne. Umgekehrt gilt dieses ebenso, haben wir ein starkes Ego, wollen stets die Besten sein, stehen unter starken Konkurrenzdruck, neigen zu Perfektionismus, sind undankbar, streben nach Macht und Ruhm, können wir sicher sein, dass hier unser innerer Saboteur am Werk ist.
Negative Eigenkommunikation findet sich auch im finanziellen Bereich.
- Bei hohen Schulden, riskanten Geldanlagen, bei spontanen und impulsiven Ausgaben. Oft verkaufen wir uns auch unter unserem Wert.
- Das Mindset „Geld ist schlecht!“ ist ebenso eine innere Überzeugung, die uns daran hindert Glück und Erfüllung zu finden.
In zwischenmenschlichen Beziehungen beobachten und begegnen wir recht häufig dem inneren Kritiker, unserem Ego. In Beziehungen sabotieren wir, was das Zeug hält. Konflikte sind vorprogrammiert.
Selbstsabotage finden wir, bei …- Wir haben das Gefühl, den falschen Partner zu haben, immer an die gleichen Männer zu geraten, niemanden kennenzulernen.
- Meist Anfang Dreißig verfallen wir in Torschlusspanik.
- Viele halten sich selbst in schlechten Partnerschaften und Beziehungen gefangen.
- Das Ertragen von respektlosen Verhalten und gewaltsamen Verhalten.
- Wir fangen Kämpfe an, die wir nicht gewinnen können.
- Wir werten uns selbst ab, geben uns das Gefühl, nichts Wert zu sein.
- Wir haben das Gefühl zu uns selbst verloren, funktionieren nur noch wie ein Roboter.
- Schuld und Scham beherrschen unser Leben.
Im Alltag sind wir uns des Saboteurs in uns nicht bewusst.
Wir gehen unachtsam mit uns um, lassen zu, dass uns die Hektig und Stress einnehmen und kontrollieren, weil es augenscheinlich normal und auch gewünscht ist.- In unserem alltäglichen Leben bedenken wir die Konsequenzen des eigenen Handelns nicht.
- Wir machen Fehler, welche zu vermeiden wären, wenn wir achtsamer wären.
- In vielen Dingen sind wir zu naiv, vertrauensselig und gutgläubig.
- Wir geben Verantwortung ab und markieren uns dann selbst als Opfer und versinken im Selbstmitleid.
- Unser Ego, unser innerer Saboteur hält uns in Schach und gaukelt uns Angst vor Scheitern, Angst vor Versagen, Angst vor Verlust, Angst vor Ablehnung vor. Dieser Umstand und der daraus resultierende Stress bringt eine geringe Frustrationstoleranz.
- Ebenso leben die meisten Menschen in der Vergangenheit oder in der Zukunft. Die Vergangenheit ist vergangen und nicht zu ändern, die Zukunft ist unwirklich. Das einzige was ist, ist das Jetzt.